#WeRemember
Heute vor 80 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee befreit. Auch wenn bis zum Kriegsende in anderen Konzentrationslagern noch zahlreiche Jüdinnen und Juden und andere durch den Nationalsozialismus verfolgte Minderheiten umgebracht werden sollten, bestimmten die Vereinten Nationen 2005 den 27. Januar zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.
Der Erinnerung an die Shoah kommt eine zunehmende Bedeutung zu. Die letzten Zeitzeug:innen, die den Holocaust überlebt haben, sterben. Wie Joseph Spring am 8. Januar in Melbourne. Spring wurde beim Versuch, 1943 als 16-jähriger mit seinen beiden ebenfalls jüdischen Cousins in die Schweiz zu flüchten, durch Schweizer Grenzwächter aufgegriffen, der Gestapo übergeben und später nach Auschwitz deportiert. Seine beiden Cousins starben unmittelbar nach der Ankunft in der Gaskammer. Joseph Spring überlebte. Als er Ende der 90er-Jahre, vertreten durch Paul Rechsteiner, ein Genugtuungsbegehren einreichte, wurde dieses durch einen knappen Mehrheitsentscheid im Bundesrat (Ruth Dreifuss, Pascal Couchepin und Moritz Leuenberger waren in der Minderheit) abgelehnt und die nachfolgende Klage durch das Bundesgericht abgewiesen. Dieser erschütternde Fall zeigt exemplarisch die Notwendigkeit auf, die die Aufarbeitung und Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust auch für die Schweiz hat. Eine Aufarbeitung, die zu spät und gegen viele Widerstände erfolgte. Dank der Publikation «Die Rückkehr – Joseph Springs Geschichte» durch Stefan Keller (der auch «Grüningers Fall» veröffentlichte) ist dieser Fall für die Nachwelt gut dokumentiert.
Die Erinnerungskultur muss auf allen Ebenen intensiviert werden. Mit dem geplanten Erinnerungsort in Bern für die Opfer des Nationalsozialismus, der auf parlamentarische Vorstösse von Daniel Jositsch und Alfred Heer zurückgeht. Mit dem Projekt Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, dem grössten dezentralen Mahnmal der Welt. 100’000 in den Boden verlegte Gedenktafeln erinnern an das Schicksal von Menschen, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Seit 2022 erinnern in Winterthur drei Stolpersteine an die Jüdin Therese Levitus und ihre Töchter Bertha und Martha, die um die Jahrhundertwende an der Marktgasse wohnten und später in den KZ Theresienstadt und Auschwitz umgebracht wurden. Am heutigen «International Holocaust Remembrance Day» wirken auf Initiative des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes SIG und der Plattform der Liberalen Juden der Schweiz PLJS zahlreiche Kantone, Städte und Gemeinden mit und setzen ein Zeichen – in Winterthur mit der Beleuchtung des Stadthauses.
Der grösste Handlungsbedarf liegt aktuell in der Bekämpfung des Antisemitismus. Dieser nimmt zu. Ganz allgemein in den letzten Jahren. Und verstärkt nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023. Diese Entwicklungen erfordern eine Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus. Das gilt für die gesamte Gesellschaft. Und somit auch für uns als Sozialdemokrat:innen. Denn Antisemitismus ist vielschichtig. Antisemitische Ressentiments können in verschiedensten weltanschaulichen und ideologischen Richtungen Anknüpfungspunkte finden und auf fruchtbaren Boden stossen. Auch in unserem linken Umfeld. Kein Milieu, keine Bewegung, keine Partei ist gefeit vor Antisemitismus. Deshalb muss genau dort die Aufklärung und die – auch selbstreflektierte – Auseinandersetzung mit diesem Phänomen beginnen. Ein guter Ausgangspunkt bietet für uns die Resolution der Geschäftsleitung der SP Schweiz von 2019 «Die SP Schweiz kämpft gegen Antisemitismus». Die Veranstaltung «Was ist Antisemitismus?» der SP Winterthur bildet die Möglichkeit, mit kompetenten Fachreferenten in dieses Thema einzusteigen. Es würde mich freuen, Dich und viele Parteimitglieder und Interessent:innen am 25. Februar begrüssen zu dürfen.